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Newsflash
25.05.2023
Verwaltungsrecht
Beschlagnahme und Einziehung des Grundstücks eines Dritten im Rahmen eines Vereinsverbots
Beschlagnahme und Einziehung des Grundstücks ist rechtswidrig
Eine mit einer vereinsrechtlichen Verbotsverfügung verbundene Beschlagnahme- und Einziehungsanordnung in Bezug auf die Sache eines Dritten, der durch ihre Überlassung an den Verein dessen verfassungswidrige Bestrebungen gefördert hat, setzt voraus, dass der Dritte vorsätzlich gehandelt hat. Der Vorsatz muss sich auf alle objektiven Merkmale, also auch auf die Überlassung an einen Verein beziehen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden.
Die Klägerin wandte sich gegen die Beschlagnahme und Einziehung ihres mit einem Wohn- und
Wirtschaftsgebäude bebauten Grundstücks im Rahmen eines Vereinsverbots. Mit Bescheid
vom 2. Juli 2014 stellte das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr
fest, dass das „Freie Netz Süd“ eine Ersatzorganisation der verbotenen Vereinigung “Fränkische
Aktionsfront“ sei, verbot die Vereinigung und löste sie auf. Die Behörde beschlagnahmte
hierbei zugleich das dem Verein von der Klägerin überlassene Grundstück und ordnete dessen
Einziehung zugunsten des Freistaats Bayern an. Das Verwaltungsgericht hat die gegen die
Beschlagnahme und Einziehung des Grundstücks gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof beide Anordnungen aufgehoben, da jedenfalls der Nachweis fehle, dass der Vorsatz der Klägerin auch die Vereinseigenschaft des „Freien Netzes Süd“ umfasst habe. Die hiergegen eingelegte Revision des Freistaats Bayern ist vor dem Bundesverwaltungsgericht erfolglos geblieben.
Grundstück stand im Eigentum der Klägerin
Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1, § 12 Abs. 2 Alt. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Satz 2 VereinsG ist mit
einem Vereinsverbot in der Regel die Beschlagnahme und die Einziehung von Sachen Dritter
zu verbinden, soweit der Berechtigte durch die Überlassung der Sachen an den Verein dessen
verfassungswidrige Bestrebungen vorsätzlich gefördert hat. Diese Rechtsgrundlage ist hier
anzuwenden, da das betroffene Grundstück im Eigentum der Klägerin als Dritte steht und
nicht als Vereinsvermögen i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VereinsG anzusehen ist. Zwar ist das
Vereinsvermögen nicht zivilrechtlich, sondern wirtschaftlich und damit weit zu verstehen.
Maßgeblich ist das tatsächliche Herrschaftsverhältnis im Sinne eines Vereinsgewahrsams. Ausgenommen vom Begriff des Vereinsvermögens sind jedoch Sachen im Eigentum Dritter.
Verfassungswidrige Bestrebungen nicht wissentlich gefördert
Zu Recht hat das Berufungsgericht sämtliche Merkmale des objektiven Tatbestandes als
Bezugspunkt des Vorsatzes angesehen. Insbesondere muss sich der Vorsatz des Dritten auch
darauf beziehen, dass die Überlassung seiner Sache an den Verein dessen verbotswürdige
Tätigkeit gefördert hat. Dies erfordert, dass er bei einer Parallelwertung in der Laiensphäre um
die Existenz dieser Vereinigung und ihrer verfassungswidrigen Bestrebungen weiß und deren
Förderung zumindest billigend in Kauf nimmt. Ausgehend von diesem zutreffend erkannten Maßstab hat das Berufungsgericht nach Anhörung der Klägerin in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, ihr fehle das Wissen, dass sie das Grundstück an das „Freie Netz Süd“ als Verein überlassen habe. Denn sie habe keine zumindest laienhafte Vorstellung davon entwickelt, dass die verfassungswidrigen Aktivitäten in organisierter Form von einem Verein im Sinne des § 2 Abs. 1 VereinsG vorgenommen worden seien. An diese Tatsachenfeststellung ist das Bundesverwaltungsgericht mangels von dem Beklagten erhobener Verfahrensrügen gebunden.
Quelle:Bundesverwaltungsgericht, ra-online (pm/ab)
Angaben zum Gericht:
- Gericht:Bundesverwaltungsgericht
- Entscheidungsart:Urteil
- Datum:17.05.2023
- Aktenzeichen:6 C 5.21
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